(ip/pp) Hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit des Nachbesserungsverlangens bei Architekten und Ingenieuren hatte das Oberlandesgericht (OLG) München jetzt zu entscheiden. Die Klägerin des Verfahrens verlangte vom von ihr beklagten Architekten Schadensersatz infolge Planungs- und Überwachungsfehlen ihres Bauvorhabens. Sie erwirkte beim Landgericht Ingolstadt ein Urteil, in dem ihrem Anspruch zwar dem Grunde nach stattgegeben wurde – in der Höhe aber nur zu etwa 30 %. So versuchte die Klägerin weiterhin mit einer Berufung die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der Mehrkosten zu erreichen, die der Einbau eines Drainagesystems ihres Anwesens verursachen werde. Sie machte geltend, dass sie sich zur Herstellung eines trockenen Kellers nicht auf Verpressung der Kellerwände verweisen lassen müsse, die zwar preisgünstiger als das Drainagesystem wären – die aber die wenig sicherere Reparaturmethode darstellten.

Der Beklagte behauptete demgegenüber, dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin schon dem Grunde nach nicht gegeben sei, da diese ihm keine Frist zur Nachbesserung gesetzt habe. In jedem Fall sei die Klägerin auf die kostengünstigere Reparaturmöglichkeit "Ertüchtigung der weißen Wanne" zu verweisen. Die Erstellung einer Drainanlage stehe dazu in keinem Verhältnis zum gewünschten Erfolg und wäre auch nicht risikofrei.

Das OlG widersprach ihm: Sein Einwand, die Kosten des Drainagesystems seien gegenüber den Verpressungskosten unverhältnismäßig hoch, griffe nicht durch. Nach § 275 II BGB hätte er ein Leistungsverweigerungsrecht gehabt, wenn der Aufwand für das Drainagesystem unter Beachtung des Architektenvertrages und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Interessen der Klägerin gestanden hätten.

“Das Leistungsinteresse der Klägerin ist im vorliegenden Fall erheblich. Im derzeit feuchten Keller des klägerischen Anwesens befindet sich neben einfachen Kellerräumen auch ein Büro. Die vorgesehene Nutzung des Kellers ist durch die unstreitigen Feuchtigkeitseinbrüche stark eingeschränkt. Der Beklagte schuldete der Klägerin als Architekt die Planung eines trockenen Kellers und die Überwachung der Herstellung eines solchen. Der Beklagte hat der Klägerin aber zunächst keinen trockenen Keller verschafft, so dass die Klägerin vom Beklagten die Kosten der Nachbesserung verlangen kann, auch wenn diese im Vergleich zu den ursprünglichen Herstellungskosten hoch sind. Der Klägerin stehen auch die Kosten der voraussichtlich erfolgreicheren Sanierungsart gegen den Beklagten zu, selbst wenn diese die Kosten der vom Sachverständigen ebenfalls beschriebenen Nachbesserung durch Verpressung der Kellerwände und der Bodenplatte deutlich übersteigen.”

OLG München, 28 U 3754/08